Der Fall:
Seriöse Software-Wiederverkäufer haben es schwer, besonders wenn diese mit Microsoftprodukten – und im speziellen – mit sog. OEM-Versionen handeln. Ein „System-Bilder“ ist ein „Original Equipment Manufacturer“ (OEM) (Erstausrüster / Originalgerätehersteller), ein „Assembler“ (Montagefirma), ein „Refurnisher“ (Wiederaufbereiter) oder ein Software-Vorinstallationsunternehmen, das die Kundensysteme an Dritte oder an Softwarewiederverkäufer verkauft. Meist liegen OEM-Versionen als Recovery- bzw. Reinstallation DVD einer bereits vorinstallierten Gerätekonfiguration bei oder sind im Fachhandel erhältlich.
Microsoft OEM-Betriebssystemversionen kursieren massenhaft als Fälschungen auf dem Markt. Bei Billiganbietern, auf eBay oder bei Internethändlern werden sie meist zu günstigen Preisen in veränderten Verkaufsverpackungen angeboten. Die Gefahr ist sehr groß, dass Händler, teilweise unwissend, zum Wiederverkäufer von Raubkopien werden. Softwarevertriebe sind in zunehmendem Maße durch die steigende Anzahl gefälschter Softwarekopien verunsichert. Für Händler sind Fälschungen häufig kaum oder gar nicht von Originalen zu unterscheiden, sofern diese in entsprechend professioneller, der Original gleichen oder ähnlichen Microsoft Verkaufsverpackung, angeboten werden.
Ist eine Programmversion durch den Hersteller oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gesetzt worden (UrhG § 69c Nr. 3 Satz 2, § 17 Abs. 2, § 32), ist die Weiterverbreitung aufgrund der eingetretenen Erschöpfung des urheberrechtlichen Verbreitungsrechts ungeachtet einer inhaltlichen Beschränkung des eingeräumten Nutzungsrechts frei.
BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 – I ZR 244/97 – Kammergericht LG Berlin
Die Problematik des Echtheitszertifikats COA (Certificate of Authenticity)
Bringt ein Wiederverkäufer mit der Marke des Softwareherstellers versehene Sicherungsdatenträger eines Computerprogramms in den Verkehr, die er mit Echtheitszertifikaten des Herstellers versehen hat, die zuvor nicht auf den Datenträgern, sondern auf Computern angebracht waren, kann sich der Softwarehersteller dem Vertrieb der Datenträger aus berechtigten Gründen im Sinne von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen.
BGH, Urteil vom 06.10.2011 – I ZR 6/10 – OLG Frankfurt am Main
Inzwischen hat sich ein breiter Vertriebsmarkt von gebrauchter OEM-Software entwickelt. Insoweit, durch das BGH-Urteil aus dem Jahr 2000, ist der Verkauf gebrauchter Originale unbedenklich. Allerdings wurden zwischenzeitlich gebrauchte Software-Datenträger mit Echtheitszertifikaten versehen, die ursprünglich nicht mit den Originalen in den Verkehr gebracht worden waren. Somit wurde der Eindruck erweckt, dass die vorgenommene Verbindung des Echtheitszertifikats mit den Sicherungs-Kopien den unzutreffenden Eindruck hervorruft, der Rechteinhaber stehe durch diese Verbindung von Datenträger und Zertifikat für die Echtheit des Produkts ein. Dies verstoße nach dem BGH-Urteil aus dem Jahr 2011 gegen das Markenschutzgesetz.
Beispiel Echtheitszertifikat – COA (Certificate of Authenticity), © Microsoft Corporation
Für das Erkennen einer Fälschung sind entsprechende Kennzeichnungs- und Sicherheitsmerkmale zu ermitteln, die in den einzelnen Produktteilen festzustellen sind. Diese sind u. a. Codierungen, in einer bestimmten Art und Weise verarbeitete Materialien oder z. B. Gestaltungs- und Qualitätskriterien. Diese müssen in einer vordefinierten Kombination auftreten und authorisieren damit den dazugehörenden Originaldatenträger.
Die Fragestellung:
Bewertung von Microsoft Verkaufsprodukten im Segment OEM-Software hinsichtlich ihrer Originalität sowie Feststellung des Grades der Erkennbarkeit der jeweiligen Produktteile.
Auftraggeber:
Softwarevertrieb; (Privatgutachten)