Musik im Film: Kopiert oder nachgebaut?

Werbefilme sind i.d.R. mit einer Musik unterlegt oder auf eine bestimmte Musik geschnitten. Alternativ wird Musik für einen Werbefilm individuell produziert. Bei der Feststellung von Manipulationen oder Materialveränderungen (Schnitt, Mischungen, Klang etc.) hat die forensische Untersuchung einen besonderen Stellenwert. Insb. unter einem leistungsschutzrechtlichen Aspekt kann es von Bedeutung sein, genau einzuordnen, ob eine bestimmte musikalische Quelle aus einem Original kopiert oder selbst hergestellt (ein- bzw. nachgespielt) wurde. Vor allen Dingen ist es dann von Bedeutung, wenn die verwendete Filmmusik sich hörbar nicht mehr von einer Original-Originalquelle unterscheidet.

Wie stark und an welchen Stellen darf eine Quelle vom Vergleichsmaterial abweichen? Spielen bei der Feststellung von Übereinstimmungen Kriterien u. a. wie Lautstärken, Mischungsverhältnisse, veränderte Klangeigenschaften (Sound), Geschwindigkeiten und Auslassung von Ton- bzw. Gesangsspuren eine Rolle?

Insb. eine Entfernung von Gesangsspuren muss definiert werden: Einerseits kann eine neue Mischfassung unter Weglassung der Gesangsspur (inkl. Backing Vocals etc.) oder einer Reduzierung der Gesangs-Lautstärke (z. B. Guide Vocals für Karaokeversionen) vorgenommen werden. Andererseits kann eine Auslöschung mittels Software vorgenommen werden (Herausrechnen der Stimme durch algorithmische Verfahren).

Unter Anwendung von Analyseverfahren kann die Spektraldichte eines Signals über einen Zeitverlauf dargestellt und das Audiomaterial visualisiert werden. Es kommt insb. auf die Übereinstimmung von Mustern an („Pattern-Matching“). Häufig sind bestimmte Musikstücke kompliziert aufgebaut und aus mehreren Quellen entlehnt. Oft hilft anfänglich eine Notation der Werke, um übereinstimmende und abweichende Teile darzustellen und die Untersuchung dadurch besser zu fokussieren.

Screenshot einer Frequenzanalyse im Audiomaterial bei 175 Hz (blau dargestellter Bereich), Zeitausschnitt ca. 0,5 Sekunden.

Frequenzabweichungen (z. B. Abweichungen in der Lautstärke) ergeben sich durch unterschiedliche Mischungen und Masterings. Anders als mit Standardwerkzeugen der Audiotechnik kann mit einer forensischen Labortechnik sehr tief in das zu untersuchende Material Einblick genommen werden. Kleinste Zeiteinheiten von z. B. einer Zehntelsekunde können „mikroskopisch“ dargestellt, (hoch)-aufgelöst und somit Zusammenhänge erkannt werden. Der Einsatz von forensischer Labortechnik ist sehr zeit- und kostenintensiv, häufig aber der einzige Weg, wenn es um die Aufdeckung von Manipulationen oder Übereinstimmungen geht. Im Extremfall erfordert eine Untersuchung weniger Sekunden Ausgangsmaterial bereits weit mehr als ein Labortag Untersuchungsaufwand.

Die Fragestellung:
Bei der dem Werbefilm unterlegten Musik handelt es sich um Musikausschnitte unter Entfernung der Gesangsspur aus der Tonaufnahme und nicht etwa um Wiedergaben einer Neueinspielung des Musikstückes.

Auftraggeber:
Gerichtsgutachten im Zivilverfahren