Neue Wege der Tatermittlung
Polizeieinsätze z. B. bei Demonstrationen oder Gewalttaten werden zunehmend videobegleitend aufgezeichnet. Meist erfolgten die Aufnahmen frontal (aus nur einer Blickrichtung) mittels Stabaufnahme und erhöhtem Standort.
Nachtaufnahmen werden ebenso frontal beleuchtet (Kamera-Licht-Kopplung), was zu vermehrtem Reflexionsaufkommen führt. Die standardmäßig voreingestellte Bildwiederholrate ist bei schnell ablaufendem Handlungsgeschehen und vielen Akteuen meisten zu niedrig. Aufnahmen aus Frontalansicht lassen zudem kaum reale Abstandsschätzungen und räumliche Ansichten zu. Der vermeintliche Videobeweis ist dann ohne forensische Eingriffe nicht auszuwerten. Wie kann dennoch eine Tatermittlung und damit eine Fallrekonstruktion erfolgen sowie ein Videobeweis gelingen?
Bedeutsam in der Videoauswertung ist die Erkennung von Personeneigenschaften, Aussehensähnlichkeiten, Objektidentifizierung und Betrachtungsebenen (Visual Layers). Teilweise verdeckte Körper von Personen können z. B. in Tätervideos in einer 3D-Tatrekonstruktionsanalyse herausgearbeitet werden. Hierzu werden bildgenaue Nachbildungen vorgenommen, die den Prinzipien des photogrammetrischen Verfahrens folgen. In der Superimposition erfolgt eine exakte dreidimensionale geometrische Rekonstruktion des aufgenommenen Objektes, die die Abbildungsgeometrie zum Zeitpunkt der Aufnahme wiederherstellt.
Sind Position und Ausrichtung (Bildperspektiven) der Tatortlage bekannt (äußere Orientierung) sowie die Kameraperspektive bzw. Abbildungsgeometrie innerhalb der Kamera (innere Orientierung), kann jeder Strahl im Raum dreidimensional beschrieben und als Videoanimation ausgegeben werden. Akteure lassen sich unter gewissen Voraussetzungen in Perspektiven, Bewegungensabläufen und Abständen eines realen 3D-Raumes nachbilden und visualisieren. Das Verfahren erfordert wie beim Monobild verschiedene Messpunkte bzw. ausgemessene Strecken. Die Erstellung der Fallergebnisse gestaltet sich je nach Anforderung als arbeits- und zeitintensiv.
Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz kann ein Bewegungsmodell von beteiligten Personen modelliert werden (Rigging), um Einblick in die Tatortszene von allen Seiten zu erhalten. Das 3D-Bewegungsmodell, die Amarture ist ein spezieller Objekttyp, der mit einem Skelett inkl. Basisknochen in einem 3D-Raum arbeitet. Wird die Armature bewegt, bewegen sich alle Knochen (Bones) der Armature mit (Inverse Kinematik (IK)).
3D-Basismodel, um Bewegungsabläufe direkt aus einer frontal gedrehten Videoszene herauszuarbeiten und die beteiligten Personen und ihre Bewegungen sowie Abstände zueinander dreidimensional darzustellen. Eine Armature besteht aus miteinander verbundenen Knochen (Bones).
I.G.s. zur Forward Kinematik wird bei der IK nur der letzte Knochen auf eine gewünschte Position bewegt, die dazu nötigen Knochen-Transformationen werden von der KI eigenständig errechnet. Wird z. B. ein Fuß auf die gewünschte Position bewegt, so errechnet sich die dazu gehörende Position und Drehung des Oberschenkelknochens und des Schienbeins.
Die Fragestellung:
Videoanalyse über reale Bewegungsabläufe beteiligter Akteuer bei einer Körperverletzung.
Auftraggeber:
Gutachten im Strafverfahren